Meine Gedichte

Meine Gedichte (eine kleine Auswahl)
Zeeland Zwarte Polder 

Nun fällt Regen noch und noch. 
Es blitzt und donnert immer noch.
De Zwarte Polder saugt sich voll, 
niemand weiß, wie voll, wie voll.

Fuß- und Radspur`n ganz tief schwarz, sind nun überall 
und aus der Ferne Donner-Hall.
Die Vogelschar beginnt zu trällern, am Himmel Wolkenstau.
Kinder, die in Pfützen plätschern, die jetzt schimmern silbergrau.

Der Wind, der schleicht sich leise an, weht alles Nasse ratzfatz trocken.
Die Sonne heizt, die Luft wird warm; Gummi-Stiefel? Weg damit! Und auch die nassen Socken.

Die Zwarte Polder grünt so grün und das belebt die Glieder.
Doch wieder, da fällt Regen nieder;
in Strömen, ganz genau zum Abend-Tee,
bei den Dünen donnert` s wieder 
und Blitze blitzen über See.

Am Morgen riecht das Meer über Dünen zu mir her.
Die Ebbe hat die Flut verschluckt, 
kein Seehund da, der wunder witzig guckt.
Möwen knacken Krebse, fressen Fische und Pomm` Fritt,
im wundersamen Wattenmeer voll Sand und noch mehr Schlick.

Und der Wind, der atmet lind.
Genau das, das ist die Brise,
bei der aus Tönen und aus Bildern,
meine Lieder schon lebendig sind.
Wo gute Träume mich begleiten
und keine Zeit verrinnt.

Martin Heide

                   Herbst-Samstag

                   Im Schaukelstuhl, da ruhe ich,
                   das Morgen-Pfeifchen brennt,
                   vom Fenster tropfen Regentropfen
                   auf die Fensterbank.

                   Der Morgenmantel, frottee-weich,
                   hält mich wohlig warm,
                   das graue Licht von draußen,
                   bremst mir den Elan.

                   Ich leg` mir eine Platte auf
                   und stelle mich ans Fenster,
                   der Regen weicht die Pfade auf,
                   der Blues umarmt mich sanfter.

                   Der Nebel gähnt dort übers Stoppelfeld
                   und verschlingt heut` Blatt- und Nadel-Welt.
                   Das Saxophon klingt butterweich, und ist auch nicht zu laut,
                   es seift mich ein im grauen Schein, ich habe Gänsehaut.

                    Oh wie gut tut diese lange Weile,
                    die ich grade spüre,
                    als stünde ich vorm Winterschlaf.
                    in dem ich nicht erfriere.

                    Die Blätter gelb und rot,
                    die Äste schwarz und kahl,
                    die Zeit steht still im grauen Kleid,
                    ich liebe diese Langsamkeit;

                    der Fleiß, der kann mich mal . . . . 

                    Martin Heide

Generation(en)

Es wird gesagt, jede Generation
habe die Pflicht,
das Leben besser zu machen.

Zwei Mädchen stehen beieinander.

M1 erzählt: „Mein Smart Phone
wurde gestohlen.“

M2 antwortet: „Oh Gott,
dann ist ja Dein
ganzes Leben weg.“

Martin Heide

                        Allein 

                     Ich bin unterwegs
                     nach „Nicht-Allein“
                     und erhoffe ein Ende
                     vom Einsam sein.

                     Nun bin ich angekommen
                     im „Nicht-Allein“
                     und merke: Hier bin
                     ich noch mehr allein.

                     Ich geh` dorthin zurück, wo`s mir besser gefällt,
                     dort, wo die Sonne tief rot auf die Straße fällt,
                     wo mir niemand mehr skrupellos Lügen erzählt
                     und ein Smart Phone für unentbehrlich hält.

                     Martin Heide



Im Kopf reden -
wenn alles wegbricht

Gedanken, Gedanken, sie kreisen im Kopf,
wer schaltet ihn aus, den Einschaltknopf?

Sie fesseln, ja, sie quälen Dich,
Schlaf, ja Schlaf, den findest Du nicht.

Du redest und redest, nur mit Dir selbst.
Du spürst, dass Du durchdrehst und noch tiefer fällst.

Im Abgrund, im Abgrund da wartet der Wahnsinn auf Dich,
kein Hoffen, nur Bangen – und er, ja er, er meuchelt Dich.

Schäm Dich! Draußen werden Dich alle erkennen,
sie werden Dich als Psychopathen benennen.

Sie lachen Dich aus, Verachtung und Spott,
wohin, wohin? Jetzt glaubst Du an Gott.

Die Angst, die Angst, sie frisst Deine Seele,
Du brauchst Soldaten und tausend Gewehre.

Die Augen, sie stieren unbewegt, 
wer hat ihre Nerven in Ketten gelegt?

Im Spiegel siehst Du Dein fahles Gesicht, 
durch das der Teufel zu Dir spricht.

Du denkst und denkst, quer durch den Kopf,
wer legt ihn denn endlich auf das Schafott?

Es hört nicht auf, Dich erschlagen die Wände,
wer nur, wer nur, wer reicht Dir die Hände?

Die Angst, die Angst – Du wagst keinen Schritt,
Dann gehst Du und fällst, doch niemand ging mit.

Martin Heide


Du fehlst mir

Der Wind saust mir um die Ohren.
Die Wellen führen eine Schlacht.
Sie verlieren sich am Horizont und bohren
sich in meine Seele, die nur noch selten lacht.

Wie oft sind wir hier gegangen,
am liebsten bei Regen und im Sturm in den Haar`n.
„Schied-Wedder“ war unser größtes Lust-Verlangen,
die Gischt sprühte Salz und Seemannsgarn.

Ach, könntest Du, wie früher, hier noch bei mir steh` n,
alles, wirklich alles,  ließ` ich dafür liegen,
um mit Dir noch einmal bei dunkel-grauem Himmel,
gegen Böen und Gewitterregen loszulegen,
um all die Stiefeltritte wieder weg zu kriegen.

Wie oft haben wir hier gestanden
und sahen Frachter heimwärts zieh`n.
Hier sind uns` re Spuren,  ewiglich und gold` n,
unser  walk of fame  vom Liebes-Glüh` n.

Martin Heide


Die Weide

Silber grün gekleidet, steht sie einzigartig da,
ihre Äste hängen schimmernd wie Lametta, wunderbar. 
Im Winde rauschen ihre Blätter leise,
ganz auf ihre eig`ne Weise.

Ihr Stamm ist wie Gerechtigkeit,
der schlichtet, wer zu streitbar ist zu Streit bereit. 
So kräftig, mächtig steht er da,
selbst bei stürmischster Gefahr,
beschützt er jedes Liebespaar.

Ganz oben auf dem höchsten Ast,
macht eine Amsel häufig Rast.
Sie singt wie selbstverständlich zu mir her,
als wenn hier ihr Konzertsaal wär`.
Oh, wie gerne höre ich ihr zu,
ja, wir beide sind per du.

Ihr Gesang trägt Frieden zu mir hin
und die Weide lässt mich fühlen, dass ich bin.
Ja, und in ihrer Rinde, da ist, dass man`s leicht entdecken kann, aus längst vergang`ner Zeit, haltbar für`ne Ewigkeit,
unser Herz hineingeschnitzt.

Martin Heide


Liebe

Wer weiß schon wann Liebe beginnt,
wer weiß schon wann sie zerrinnt.
Wer weiß schon, was aus ihr entsteht,
ob sie bleibt oder geht.

Wir spüren ihr Kommen, ihr Dasein, ihr Geh`n,
es heißt, wer sie loslassen kann,
für den wird sie immer besteh`n.

Liebe ist wie Ebbe und Flut,
sie kommt und sie geht,
wie der Wind sich auch dreht.

Martin Heide


Tochter

Ich hielt Dich in den Armen.
Ich trug Dich vor der Brust.
Ich trug Dich auf den Schultern.
Dort oben warst Du Kapitän der stolz erfüllten Eltern.

Ich hob Dich in Dein Bettchen.
Ich sang Dich in den Schlaf.
Ich hob Dich in den Kinderwagen.
Ich schob Dich geradeaus, auch an grauen Tagen.

Ich hob Dich in den Fahrradsattel.
Ich fuhr Dich durch den Sonnenschein
und manchmal durch den Regen.
Du fragtest: „Papa muss das sein?“ Da wurde ich verlegen.

Schnell bist Du gekrabbelt.
Schnell bist Du gelaufen.
Schnell bist Du geschwomm`n.
Meist` hast Du gelacht oder Tränen sind gekomm`n.

Schnell hast Du begriffen, wer nur Spielchen treibt.
Du sagtest stets: Wer so was macht, der sei auch nicht gescheit.
Schnell hast Du gelernt, woran ein Herz zerbricht.
Schnell hast Du gemerkt, wer die Wahrheit spricht. 

Zu schnell warst Du erwachsen, wie die Eltern spürst Du nun, den Zwang zu funktionier`n.
Beruf ist nicht Berufung, da hilft auch kein studier`n. 
Ich wünschte dieser Kelch, ging an Dir vorbei.
Doch leider ist die Arbeitswelt kein Urlaub auf Hawai.

Liebes Kind ich bitte Dich: Vertraue Deinen Kräften!
Mit Deinem Mut und Deiner Angst, widerstehst Du allen Mächten.

Kleine Kinder, große Kinder, alte Kinder, alle brauchen Flügel
und wenn sie ihre Wurzeln kenn`n,
dann braucht es keine Zügel.

Martin Heide
Vergiftete Liebe

Wo Bomben, Kugeln oder Drohnen fliegen,
wo Giftgas verstreut wird und Tretminen liegen,
wo Frauen und Mädchen vergewaltigt, und genital verstümmelt werden,
wo Köpfe rollen, Ohren, Hirne oder Augen vor Dir liegen,
wo Lungen, Herzen und Gedärme auf der Straße oder an 
Häuserwänden kleben,
wo abgetrennte Beine, Füße, Arme oder Hände,
verstreut um Dich herum dar nieder liegen,
wo literweise Blut in Lachen auf Asphalt oder im Dreck versiegen,
dort wollen nur die Rache und der Hass obsiegen.

Martin Heide


Birnen-Kuchen

in Grasse
Departement Alpes-Maritimes
Provence-Alpes-Cote d` Azur

Der Raps leuchtet grell und so mächtig gelb
als sei er selbst die Sonne am Himmelszelt.
Der Feldweg verschwindet am Firmament
im Irgendwo, das niemand kennt.

Die Steine, die Felsen, sie glüh` n,
die Sonne brennt gar ungestüm.
Staubwolken wirbeln als wär` `s eine Zier,
Böen spielen im Blattwerk Klavier.

Der Mistral weht Lavendel-Duft zu,
endloses Lila moiriert dazu.
Falter fischen Blüten, sind Tupfer in gelb,
Grillen konzertieren in friedlicher Welt.

Ich sitze am Tisch beim Mandelbaum
mit Birnen-Kuchen und Sahne-Schaum.
Sie hat Parfüm aus Grasse angelegt,
dass um ihr bezauberndes Wesen schwebt

und mir hilflos den Kopf verdreht,
ein Blitz schlägt ein, ich bin erregt,
Madame hat ihr blondes Haar angelegt,
was meine Sinne durcheinander fegt,

ungeschminkt ist ihr Naturell,
ihr Kleid geschmackvoll und nicht zu grell,
das ist kein Traum, sie ist ein Traum 
bei Birnen-Kuchen und Sahne-Schaum.

Martin Heide


Das Geschäft

Schulden drücken Dich hinab. 
Mach` jetzt bloß nicht schlapp!
Die Bank, die hat Dich in der Hand.
Ihr Zins ist Dir in die Stirn gebrannt.

Du rechnest täglich Soll und Haben,
der Schreibtisch ist Dein Kellerloch.
Lebendig bist Du dort begraben,
doch, noch lebst Du noch.

Du rennst durch den Wald
und Du duschst eiskalt;
fit fühlst Du Dich besser,
doch an der Kehle sitzt das Messer.
 
Wieder springt ein Kunde ab. 
Mach` jetzt bloß nicht schlapp!
Okay. Setz` mal den Preis hinab!
Neue Kundschaft ist doch der Garant, 
für Deinen weit´ren Fortbestand.

Doch nachts, ja nachts, da schläfst Du nicht.
Das Geld, das Geld hat mehr Gewicht.
Du denkst und denkst, Schlaf gibt es nicht,
im Dunkeln drehst und drehst Du Dich
im Morgengrau` n steht nackte Angst Dir im Gesicht.

Deinen Freigeist hat die Bank gekauft,
Existenzangst frisst Dir Deine Seele auf.
Und wie Du Dich windest, 
Dich krumm machst und schindest,
Du bist leer, Du bist leer, Dich gibt es nicht mehr.
Kein Geld, kein Geld der Rucksack ist leer,
und doch, und doch ist er viel zu schwer.

Martin Heide



Frei-Fliegen

Ich steige, ich falle, doch ich stürze nicht ab,
es gibt keine Zeit und kein Dasein ist knapp,

ich bin was ich will, ohne Zweifel und Fragen,
nur fallen und steigen, da ist nichts zu klagen.

Bin ich dem Tod oder dem Leben „entflogen?“
Egal, das Herz ohne Angst, ohne Pfeil und Bogen,

ich steige, ich falle, es gibt keine Grenzen,
kein Jung, kein Alt, nur Farben die glänzen.

Ich falle, ich steige, nur Vor, kein Zurück,
die Richtung? Ich treib` bloß und ALLES ist Glück.

Martin Heide


Zeitgeist - kein Anstand

Die Lüge ist im Massengebrauch.
Die Wahrheit ist out und ausverkauft.
Nur Heuchelei steht hoch im Kurs.
Die Fassaden sind Schilde gegen Konkurs.
Der Datenmissbrauch bringt Dein innerstes Ich ans Licht,
er zeigt wohl möglich Dein wahres Gesicht – nein, so geht das nicht.

Zum Zocken sind viele gern bereit,
Investments haben freies Geleit.
Der Hochgeschwindigkeits-Aktien-Markt,
pervertiert den Handel auf übelste Art.
Auf Ernte-Erträge zu wetten, ist gewissenlose Niedertracht,
doch niemand ist da, der diesem Wahn ein Ende macht.
Nur die Rendite ist es die zählt, egal ob das die Menschen quält.
Die Börse ist der „Circus Maximus“, dem sich alles beugen muss.
  
Und in Nahost zeigt sich die Lüge unverdrossen, 
dort werden auch mit deutschen Waffen Kinder erschossen,
trotz Grundgesetzt und alle dem, das ist ein Skandal,
niemand schämt sich – feige Bande, aber feudal.

Und die Wahrheit liegt verschlossen
im Bankschließfach aus Edelstahl.
Die systemrelevante Bank hat ein Regal
im Giftschrank der Nation,  
ja, die Wallstreet-Teufel freu`n sich schon.

Verschweigen, Tar nen, Observation,
Schmiergeld, Kopfgeld, Infiltration,
das sind die Aktien der Korruption.

Ich glaube an Gerechtigkeit,
Freiheit, Recht und Einigkeit 
und hoffe:
„Es ist nichts so fein gesponnen,
es kommt doch ans Licht der Sonnen.“
Und:
„Ehrlich währt am längsten.“
Und:
„Lieber weine ich bis ins Unendliche,
als vor dem Spiegel meine Selbstachtung zu verlieren.“
Und:
Anständig muss man alleine werden,
aber ohne Anstand werden wir die Welt nicht retten.

Meine größte Sorge ist,
so zu werden, wie die,
die Lügen und Betrügen,
die die Redlichkeit mit Füßen treten
und damit durchkommen.
    
Martin Heide


Die kleinen Fluchten

Zu Hause ist `s so öde und stumpf,
Löcher habe ich in jedem Strumpf
und Schwielen an den Händen,
die Feldarbeit, die will nicht enden.

Endlich Samstag: Heute Abend saufe ich
und mit den schönsten Mädchen amüsier` ich mich.
Die Kapelle spielt auf, Bier und Branntwein fließen,
vergessen ist die Schinderei, vom Kopf bis zu den Füßen.

Ach, wie gern würd` ich mal reisen, die Taschen voller Geld und mit allen Trümpfen – übern Brenner nach Italien.
Doch, dafür reicht es leider nicht – denn in meiner Welt sind Löcher in den Strümpfen und so manche Repressalien.

Da sind die Kinder anders drauf, 
nehmen Pack-Stress und Reise-Hektik klaglos in kauf.
Es geht nicht mehr, daheim zu bleiben, 
der Arbeitsalltag würde sie in Depressionen treiben,
sie brauchen ihre kleinen Fluchten,
weg vom Schuften und dem Unkraut zupfen. 

So reisen sie, nicht, um Neues zu entdecken,
sondern um Altes zu vergessen.
Sie träumen von Veränderung, das würde neue Kräfte wecken.
Doch, sie müssen wieder kommen – ohne Geld gibt `s nichts zu fressen.

Eine Schutz-Insel, ja, da will ich gerne hin,
ein Ort, wo ich behütet bin,
wo all das Böse als Gischt am Fels zerschellt,
wo meine Zuversicht mein Gleichgewicht hält
und wo das Gute ist - in meiner und in deiner Welt.

Martin Heide












                        Von Kreuzworträtseln und Perlen
                                  
                        Es gibt Gedichte, die sind für mich wie ein Kreuzworträtsel, in dem ich
                        nicht ein einziges Kästchen mit einem Buchstaben zu füllen weis.
                        Solche Rätsel lege ich meist` gleich zur Seite.

                        Und es gibt Gedichte, die sind wie eine Perle, die unnachahmlich  
                        und kostbar ist, ausgereift, doch einfach,  klar und voll Glanz,
                        wie die ruhende Oberfläche eines Gewässers, in das Du hineinsiehst
                        und (D)ein (Selbst)Bild entdeckst, das Dich berührt.

                        Martin Heide








Mich finden

Es gibt Tage, da schreie ich wie angepisst,
weil sich so viel Wut durch meine Adern frisst.

Es gibt Tage, da ist es so dunkel in mir, dass alles Licht darin verrinnt
und selbst die Sterne in meinen Träumen dann unsichtbar sind.

Es gibt Tage, da bin ich allein und erfriere daran,
weil nichts da ist, an dem ich mich wärmen kann.

Oft fällt mir das Atmen schwer und nichts zergeht mir auf der Zunge,
denn die Gleichgültigkeit and` rer, sitzt mir wie Teer auf der Lunge.

Manchmal gibt es Tage, voller Frieden und Glück,
dann fühle ich mich im Leben zurück.

Doch oft erkenn` ich die Wirklichkeit nicht,
denn künstliche Bilder vernebeln die Sicht.

Schreckliche Angst überkommt mich dann,
weil ich die Echtheit nicht mehr erkennen kann.

Dann möchte ich nur in was Schönes abtauchen und darin verschwinden,
um mich zu begreifen und wiederzufinden.

Martin Heide


Rührung

Rühren würde mich, wenn sie meine Lieder singen würden
wenn sie meine Gedichte aufsagten und 
meine Bilder besitzen wollen würden,
andererseits . . . . ,

wenn einer Krankheit übersteht 
und jemand seine Hand in meine legt
und dann leise aus dem Leben geht

. . . . muss ich aus Rührung weinen.

Wenn mir einer seine Wahrheit sagt,
was ihn umtreibt, was ihn plagt,
was ihm Tränen in die Augen jagt  

. . . . muss ich aus Rührung weinen.

Wenn einer allein die Welt bereisen will
und wird vorm Abschied plötzlich still,
weil er spürt, dass er auch Angst hat, sich zu lösen

. . . . muss ich aus Rührung weinen.

Wenn einer Großes leistet,
den Wettkampf aber doch verloren hat
und schließlich Rotz und Wasser flennt

. . . . muss ich aus Rührung weinen.

Und ich, ich bin gerührt, wenn Du mich in Deine Arme schließt,
und meine Seele einfach trägst und schützt und gießt.

Aus Rührung weinen ist nicht schlimm,
kein Mitgefühl gibt` s ohnehin.

Martin Heide 


 Mut hat, wer von seiner Feigheit weiß

denn wenn Du regungslos am Fenster stehst,
wenn Du, wie der Hamster, der das Rad dreht,
im Zimmer nur von Wand zu Wand gehst,
und zum x-ten Mal das Bild siehst,
auf dem Du in der Hölle glühst,
ist das eine Depression? - Wer weiß das schon?

Wenn Du den Türgriff drücken willst, um in die Freiheit zu gelangen,
verzweifelt erkennst, dass Du das nicht kannst, denn in Dir ist nur Bangen,
 Deine Angst nicht zu besiegen ist, denn Dir zittern die Finger an den Wangen,
und sie dann an Dir hinab fallen, schwer, wie Köpfe, die am Galgen hangeln,
hast Du wohl eine Depression - doch, wer weiß das schon?

Die Tür zur Freiheit bleibt Dir nicht nur heut` verschlossen -
der Sarg ist zu, Deine Kreuzigung ist abgeschlossen.
Das Fenster ist der letzte Weg zum Licht,
dass Du hinaus stierst merkst Du nicht.
Erst als Donner höchst bedrohlich krachen,
Blitze voller Spannung, vor Dir die Luft verbrennen und zischende Geräusche machen, spürst Du ein Erwachen,
und bemerkst: Deine Angst löst keinen Zweifel – kommt jetzt Gott oder gar der Teufel?
Dich zu holen, weil beide wissen, dass Du ein Feigling bist – aus dem Fenster kommst Du nicht.

Bitte, niemand soll von Deiner Feigheit wissen,
Gelächter käme über Dich, Deine Würde, würde Dir zerrissen.
Doch, wo nur kannst Du Dich verstecken,
vor den Hunden, die in Deinen Wunden lecken?
Wohin, wohin? Du willst keinem in die Augen seh`n 
- weil Angsthasen auf Speisekarten steh`n. 
Erst gestern hast Du im Traum, einen von der Brücke springen seh`n 
 - willst Du auch so geh`n?
Ja, jetzt hast Du eine Depression - doch, was hilft das schon?

Gegen Selbstmord hilft nur die Fixierung, sonst gelingt die Selbstzerstörung.
Aber heute hast Du neuen Mut, Dein Leben soll geling`n, 
weil Du damals, zu feige warst zu spring`n.

Mut hat, wer von seiner Feigheit weiß.

Martin Heide


Plastik
                                
Wir dachten, es sei die Errungenschaft,
die alles praktikabel macht.
Und jetzt? Wir trinken und wir essen es
 - Zelluloid makes happiness.

Kunststoff-Flaschen sind viel leichter,
sogar Möbel könn` n im Regen steh`n.
Die Plastik-Tüte will nicht untergeh` n,
sie schwimmt, weiter und noch weiter.

Im Lebensmittel-Markt-Regal ist Plastik der Verpackungsfavorit,
auch im Gebäudebau schwingt immens viel Kunststoff mit.
Das Spielzeug uns` rer Kinder, ist ein buntes Plastik-Wunder.
Selbst auf Gräbern stehen Plastik-Kerzen, die wir in den Abfall werfen.

Das Auto ist ein Plastik-Werk, egal mit welcher Energie es fährt.
Ja, für alles gibt `s Gesetze, doch Plastik füllt die Netze.
Zelluloid hängt an Korallenriffen – echt, wir haben nichts begriffen.
An den Stränden liegt schon feiner Plastik-Sand 
– die Sandburg ist bald unbekannt.

Zu lange schon, ist Kunststoff viel mehr Fluch als Segen,
alles nur, der scheiß Gewohnheit wegen.
Er passt so gut in uns`re schön gedachte Konsumenten-Welt,
selbst dann, wenn er im Regen bald vom Himmel fällt.

Martin Heide


Oberbefehlshaber

In Reihe und Glied!
Der Hornbläser spielt.

Drohnen spionieren,
Kampfjets bombardieren.

Die Panzer rollen,
Sirenen heulen.

Kugelhagel, Einschusslöcher,
Bombenkrater, kaum noch Dächer.

Gräben sind geschaufelt,
Menschen schrei` n verzweifelt.

Jeder möcht` nach Hause geh` n,
seine Liebsten wiederseh`n,

doch die Höfe und die Häuser brennen,
nur Ruinen, nichts ist mehr zu erkennen.

Heimat, das sind nun Massengräber,
auf allen Seiten tote Leiber,

verursacht durch Befehl, durch 

verletzten Stolz und Eitelkeiten,
Größenwahn-Vermessenheiten,

von regierenden Chimären,
die infam den Krieg erklären.

Martin Heide







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